Gründer der Stadtkapelle Schwab Konrad Geb.: 06.12.1837 Gest.: 23.07.1917 |
Am 3.Mai 1886 richtete der Korb- und Siebmacher Konrad Schwab an den
Bopfinger Gemeinderat das Ersuchen, eine Musikgesellschaft zu gründen.
Schwab war ein Musiker von echtem Schrot und Korn. Nicht umsonst war er
sechs Jahre hindurch Trompeter beim Dragonerregiment zu Ulm gewesen.
Sein Antrag wurde vom Gemeinderat umgehend bewilligt und zugleich eine
Spendenaktion organisiert, um die nötigsten Instrumente beschaffen zu
können. Laut einer Niederschrift vom 24.Mai 1886 hatte die Stadt einen
Zuschuss von 120 Mark gewährt, während neun Bürger weitere 130 Mark
stifteten. Diese Mittel reichten aus, um eine C-Trompete (Piston), ein
Flügelhorn, zwei F-Trompeten, zwei Althörner und ein Bombardon
(Basstrompete) nebst einigen Noten zu erwerben. Die von Konrad Schwab
gegründete Musikgesellschaft umfasste die berühmte Zahl der „Sieben
Schwaben“ Eduard Trüdinger, Friedrich Fritz, Emil und Wilhelm Hieber, Eugen
Nietzer, Karl Traber und Adolf Schwab.
Die Musikgesellschaft widmete sich zunächst der Wiederbelebung eines Brauches, der in vielen alten Reichsstätten Tradition gewesen war, nämlich am Sonntag vom Turm der Stadtkirche Gottes Lob und Preis zu künden.
die Stadkapelle im Jahre 1920 |
Bis zum Beginn des ersten Weltkriegs hatte die Kapelle eine stetige Aufwärtsentwicklung erfahren. Im Jahre 1913 löste Drogist August Bendel den seitherigen Vorstand Konrad Schwab ab. August Heigener, Angestellter bei der Reichsbank in Aalen, der ebenfalls einmal Militärmusiker gewesen war, übernahm den Dirigentenstab, während ihm Fritz Nietzer als tüchtiger Chorführer zur Seite trat. In einem Haus neben der Drogerie Bendel, das mit nettem Humor „Villa Bombardon“ betitelt wurde, fand sich ein geeignetes Übungslokal.
Als der erste Weltkrieg ausbrach, bestand die Kapelle aus 13 Mann, von denen einer um den anderen an die Front musste. Kaum aber schwiegen die Waffen, da sammelte Fritz Nietzer schon wieder einige alte Kameraden um sich, die beschlossen, die Stadtkapelle erneut aufzubauen. Im Felde hatten sie Hermann Neher kennengelernt, dessen Vater die Kapelle des Salzbergwerks in Heilbronn geleitet hatte. Dieser Hermann Neher wurde umgehend nach Bopfingen gerufen und als Kapellmeister verpflichtet.
Der neue Dirigent, der selbst einige Märsche und Konzertstücke schrieb, begnügte sich jedoch nicht mit der bis dahin üblich gewesenen Blasmusik, deren Besetzung allmählich auf 23 Mann angewachsen war, sondern er gründete auch ein Streichorchester, für das sich 10 Mann gewinnen ließen. Die organisatorische Konsequenz war, dass als Ergänzung zur Stadtkapelle ein Musikverein ins Leben gerufen wurde. Der alte Brauch des Turmblasens am Sonntag wurde wieder aufgenommen. Diese gedeihliche Entwicklung wurde jedoch jäh unterbrochen, als Kapellmeister Neher sich entschloss, nach Welzheim überzusiedeln. Zunächst sprang Chorführer Fritz Neher in die Breschen, bis im Februar 1922 Bruno Viernickel aus Nördlingen nach Bopfingen kam, wo er allerdings nur eineinhalb Jahre blieb.
Allzu häufiger Dirigentenwechsel
Schon wieder musste man einer organisatorischen Notlösung greifen, bei der Gotthold Mühlbacher die Vorstandschaft übernahm, Lehrer Angeler aus Unterriffingen das Streichorchester leitete und Fritz Nietzer die Bläser dirigierte. Endlich konnte im Frühjahr 1924 aus Heidenheim Kapellmeister Karl Witte nach Bopfingen geholt werden, wo er neuen Schwung in das Musizieren brachte. Dennoch blieb auch Witte das Los seiner Vorgänger nicht erspart. Alle Bemühungen um eine bessere Besoldung des Dirigenten waren vergebens gewesen. Deshalb zog es Witte nach vierjähriger Tätigkeit in Bopfingen vor, auf den ihm in Aalen angebotenen Dirigentenposten überzuwechseln. Inzwischen hatte auch der Vorstand des Vereines resigniert und so trat 1925 Georg Willner an die stelle von Gotthold Mühlbacher.
Noch einmal nahm sich im November 1928 ein Heidenheimer, Hans Dangel, der Bopfinger Musikfreunde an. Er war den Bläsern und Streichern kein Unbekannter, denn bereits seit August dieses Jahres dirigierte er den Liederkranz. Beim Kinder- und Rutenfest wurde fleißig mitgewirkt. Dennoch war auch Hans Dangel nicht auf längere Dauer in Bopfingen zu halten; im Juni 1930 übersiedelte er nach Gaildorf.
Plötzlich befand man sich also zum wiederholten Male in der peinlichen Situation, sich auf irgendeine Weise behelfen zu müssen. Schließlich ergab sich ein kurzes Interim von sieben Monaten, in denen Kapellmeister Dangel aus Neu-Ulm in Bopfingen tätig war. Zu dieser Zeit lernte die Stadtkapelle die ersten Fanfarenmärsche. Nach Dangels Weggang sprang Herr Witte ein, der neben seinen Aufgaben als Musikdirektor in Aalen auch den hiesigen Verein vorübergehend betreute.
Man brauchte wohl nicht zu betonen, dass die Bopfinger Stadtkapelle noch zu ganz anderen Erfolgen befähigt gewesen wäre, wenn diese nicht durch den allzu häufigen Wechsel der Dirigenten beeinträchtigt worden wären. Hinzu kam nun, dass ab 1933 ihre Führung nicht ausschließlich unter musikalischen Gesichtspunkten erfolgte, weil die politischen Einflüsse sich verstärkten. Der aus der Badischen Stadt Lahr herbeigeholte Kapellmeister Karl Marx war schon nicht mehr vom Verein, sondern von der Kreisleitung eingesetzt worden. Damit geriet die Stadtkapelle, die sich nun auch NSBO-Kapelle nennen musste, immer stärker unter die Beanspruchung seitens der NSDAP. Als Marx 1936 auf einen anderen Posten beordert wurde übernahm Sattlermeister Georg Enslin, ein altes und verdientes Mitglied, die Führung. Im Jahr darauf fiel Herr Schurr aus Aalen diese Aufgabe zu. Doch 1938 war der tödliche Schlag gegen die Stadtkapelle nicht mehr aufzuhalten.
Kaum war die Sturmflut des zweiten Weltkriegs verebbt, da wuchs aus den Scherben des totalen Zusammenbruchs, des wirtschaftlichen Ruins und der seelischen Depression aber doch wieder die Sehnsucht, durch musikalische Betätigung Entspannung und Ablenkung von den drückenden Sorgen des Alltags zu finden. Im September 1946 machte sich Karl Enßlin, der viele Jahre hindurch einer der eifrigsten Aktiven der Stadtkapelle gewesen war, ans Werk, ihre Wiederbelebung in die Wege zu leiten. Es fehlte an Mitwirkenden, an Instrumenten und Noten, vor allem aber an Geld. Karl und Fritz Enßlin ließen sich jedoch nicht entmutigen. Sie gewannen auch Freunde in Westhausen und so fand sich 1946 eine mit fünf bis sechs Mann besetzte Streichmusik zusammen, die jedoch binnen eines Jahres schon verdoppelt werden konnte. Ihre aufsehenerregenden Leistungen bei Konzerten sonstigen Anlässen riefen auch die Bläser wieder auf den Plan. Unter ihnen befand sich natürlich Karl Nietzer, Karl Ranalder und Fritz Feldmeier.
beim Turmblasen |
Fabrikant Walter Kleinknecht ermöglichte durch seine Großzügigkeit den Start, indem er die noch vorhandenen Instrumente seiner früheren Werkskapelle zur Verfügung stellte. Und so stand auch eines Tages wieder die Bopfinger Stadtkapelle.
In einem Raum der Nähschule im alten Schulhaus begann die Arbeit. Auch der alte Brauch wurde erneut aufgenommen, vom Turm der Stadtkirche Choräle zu blasen oder beim Fronleichnamsfest mitzuwirken. Standkonzerte wurden durchgeführt, Vereinsveranstaltungen musikalisch umrahmt. Im Jahre 1949 marschierte sie zum ersten Male seit 1938 unter Führung ihres Dirigenten Karl Enßlin an der Spitze des Kinderfestzuges. Der Beitritt zum Bund Süddeutscher Volksmusiker wurde vollzogen.
Mit Mütze und weißer Jacke
Ein schon lange gehegter Wunsch, die Angehörigen der Stadtkapelle einheitlich zu kleiden, ging im Sommer 1951 in Erfüllung. Aus Vereinsmitteln konnten Mützen beschafft werden, während jeder Musiker sich selbst eine weiße Leinenjacke besorgte. Die alten Instrumente wurden mit finanzieller Hilfe der Stadt repariert. Die erste große Probe des inzwischen erworbenen Könnens wurde im Juli 1951 beim Kreissängerfest in Bopfingen abgelegt.
Seit Oktober 1951 ist das allsonntägliche Turmblasen zum ständigen Brauch geworden, auch die Standkonzerte wurden zu einer lieben Gewohnheit. Bei Gottesdiensten und sonstigen Veranstaltungen der beiden Kirchengemeinden stellte sich die Kapelle stets gerne zur Verfügung.
Bedeutungsvolle Tage in ihrer Geschichte waren der
11. Juli 1954 mit
dem Bundesmusikfest in Aalen und der 28. November des gleichen Jahres, an
dem die Hauptversammlung des Bezirks Kocher‑Brenz im Bund Süddeutscher
Volksmusiker in Bopfingen stattfand. Mit dem Musikverein Stuttgart‑Rohracker
wurde herzliche Freundschaft geschlossen. Beim Bezirksmusikfest in
Gerstetten am 22. Juli 1956 errang die Stadtkapelle Bopfingen in der
Mittelstufe den 2. Rang, in Schwäbisch Gmünd am 1. Juni 1958 die Note "Gut".
Eine ganz besondere Anerkennung war es, dass sie am 22. Oktober 1959 eine
Sendung des Süddeutschen Rundfunks bestreiten durfte. 1960 stufte sie sich
bei einem Wertungsspiel in Crailsheim wiederum im II. Rang ein.
75 Jahre Stadtkapelle 1961 |
Im Jahre 1961 hatte die Bopfinger Stadtkapelle dann ihr großes Jubiläumsfest, denn in der Stadt unter dem lpf konnte man das 75 jährige Jubiläum der rührigen Stadtkapelle gebührend feiern. Unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Hans Ellinger stand Bopfingen dabei für einige Tage ganz im Zeichen der Volkmusik. Gerne noch erinnert man sich an das Festprogramm das mit dem Weckruf um 6.00 Uhr am 18. Juni begann und das durch die Patenkapelle aus Stuttgart‑Ditzingen einen weiteren Höhepunkt aufzuweisen hatte. Im Jahr 1961, dem Jubiläumsjahr, hatte die Stadtkapelle Bopfingen unter der Leitung von Karl Enßlin 19 aktive Musiker. Ein Jahr später zeigte die Stadtkapelle Bopfingen, was ihr Tradition wert war, denn man verzichtete auf eine Teilnahme am Bundesmusikfest, da in Bopfingen das traditionelle Rutenfest abgehalten wurde und hier die Stadtkapelle den Festzug und das Geschehen auf dem lpfmessplatz musikalisch bereicherte. Im Jahre 1964, so weiß die Chronik zu berichten, da gab’s Freundschaft über Grenzen hinweg. Die Musiker aus Ufhusen im Kanton Luzern, sorgten mit ihrem Besuch in Bopfingen für ein tolles Fest im Städtchen und ein erlebenswertes Herbstkonzert.
Im Jahre 1966 kam für die Bopfinger Musiker wieder eine der schönen Stunden, denn am 6. März wurde Maß genommen, für die neuen schmucken Uniformen mit denen die Bopfinger Musiker fortan als Botschafter der Stadt unterwegs sein würden. Klar, dass sich hier die Stadt mit einem netten Zuschuss an den Kosten beteiligt hat und so präsentierten sich die Musiker stolz zu einem Gruppenphoto in den neuen Uniformen. Zu Beginn der 70er Jahre dann die Suche nach geeignetem Nachwuchs für die Stadtkapelle Bopfingen, die sich nun von der Besetzung her einfach erweitern wollte und auch die vorherrschende Altersstruktur sollte einfach verjüngt werden.
Großer Besuch dann am 9. November 1971 als Bundespräsident Heinemann der Stadt einen Besuch abstattete und die Stadtkapelle Bopfingen dabei den hohen Besuch mit einigen schmissigen Märschen auf dem Marktplatz willkommen heißen konnte. Unvergesslich auch, als Bundespräsident Heinemann für einige Takte den Dirigentenstab übernahm und die Bopfinger Stadtkapelle dirigierte. Ein Jahr später erklangen dann die Melodien, von der Stadtkapelle Bopfingen hervorragend interpretiert aus dem Äther. In der Sendung "Klang und Sang aus Stadt und Land" zeigte die Bopfinger Kapelle ihr Können auf. Am 13. September 1973 nochmals hoher Besuch, den die Stadtkapelle gebührend mit Marschmusik empfing. Ministerpräsident Filbinger weilte in der Stadt.
Karl Enßlin Klaus Enßlin |
Am 26. April 1975 übergab Dirigent Karl Enßlin den Taktstock an seinen Sohn Klaus Enßlin,28 aktive Musiker präsentierte die Kapelle 1976 bei ihren öffentlichen Auftritten und unter den 400 Musikern, die zum Auftakt der Rieser Kulturtage in Wemding aufspielten, waren auch die Musiker der Stadtkapelle Bopfingen zu finden.
Doch neben den vielen erfreulichen Höhepunkten war das Jahr 1976 ein Jahr der Trauer für die Bopfinger Stadtkapelle, denn am 24. April verstarb der langjährige erste Vorsitzende und Dirigent Karl Enßlin und eine Abordnung des Deutschen Volksmusikerbundes sowie seine Kameraden von der Bopfinger Stadtkapelle gaben ihm das letzte Geleit.
Schellenbaum 1977 |
Im Mai 1977 wurde Bürgermeister Hans Ellinger zum Ehrenmitglied ernannt, und anlässlich des Weihnachtskonzertes im selben Jahr konnte die Stadtkapelle eine großzügige Spende von Herrn Apotheker Walter Fellner in Empfang nehmen, er stiftete der Bopfinger Stadtkapelle einen Schellenbaum, der beim Weihnachtskonzert zum ersten Mal in der Öffentlichkeit voller Stolz präsentiert werden konnte. Der Mitgliederstand der Kapelle betrug zu diesem Zeitpunkt 34 aktive Musiker und 3 Zöglinge.
Im Laufe der weiteren Jahre konnten die Mitglieder der Stadtkapelle Bopfingen stets auf großartige Erfolge bei den verschiedenen Wertungsspielen zurückblicken, denn Dirigent Klaus Enßlin hatte die Stadtkapelle Bopfingen im Laufe der Jahre zu einem Klangkörper geformt, der hohen und höchsten Ansprüchen gerecht wurde. Klar, dass die Musiker da auch bei der Eröffnung der 1. Bopfinger Heimattage im Jahre 1978 mit von der Partie waren.
Wertungsspiel der Nachwuchsmusiker |
In den 80er Jahren dann weitere Auftritte bei den verschiedensten Veranstaltungen in der Stadt und vor allem die Jugendarbeit machte große Fortschritte, konnte man doch 1982 bereits auf 37 Nachwuchsmusiker verweisen, die nach und nach in den Klangkörper der Stadtkapelle integriert wurden. Beeindruckende Auftritte gab es sowohl bei der 700 Jahrfeier der Stadt Bad Windsheim vor Funk und Fernsehen sowie beim Umzug zur 2000 Jahrfeier der Stadt Augsburg und natürlich bei der CMT in Stuttgart, wo die Stadtkapelle Bopfingen schon seit Jahren zu einem festen Bestandteil des Programms geworden war.
im Jubiläumsjahr 1986 |
Eine weitere ehrenvolle Auszeichnung gab es für die Stadtkapelle Bopfingen unter Leitung von Klaus Enßlin und unter Vorsitz von Johann Strobl im Jahre 1986. Am 9. März fand in Darmstadt die symbolische Verleihung der Pro Musica Plakette an die Stadtkapelle Bopfingen statt. Kultusminister Mayer‑Vorfelder erhielt diese Auszeichnung für die Bopfinger vom Bund Deutscher Liebhaberorchester e.V. Diese wurde anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten an die Bopfinger Musiker weitergereicht. Der absolute Höhepunkt im Jubiläumsjahr aber dürfte der Auftritt anlässlich der Steuben Parade in New York gewesen sein, wo die Stadtkapelle Bopfingen auf Einladung des Deutschen Clubs teilnahm und die Farben der Stadt Bopfingen sicherlich würdig vertrat. Die Stadtkapelle Bopfingen war also auch in ihrem 100. Jubiläumsjahr ein Botschafter in Sachen Musik weit über Ländergrenzen hinweg. Mit Freude und Genugtuung konnten die Bopfinger Musiker daher an ihrem Jubiläum auf die Vergangenheit zurückblicken, denn trotz mancher widriger Verhältnisse und finanzieller Sorgen hatten Idealismus und Opferwilligkeit immer wieder den Weg in die Zukunft geebnet.